V. Verwaltungshandeln / Radverkehrskonzeption
Das Fahrrad kann als Verkehrsmittel einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität, zur Verbesserung der Mobilität sowie der verkehrlichen Gesamtsituation leisten. Im Radverkehr führende Bundesländer und Kommunen haben gute Erfahrungen mit der Einsetzung von Radverkehrsbeauftragten gemacht, bei denen Know-how und Entscheidungskompetenz zu Radverkehrsfragen gebündelt sind.
Auch in den sächsischen Regierungspräsidien wären Radverkehrs-Fachstellen sinnvoll, die den aktuellen Stand der Forschung kennen und in das Verwaltungshandeln einbringen.
Frage 65: Hat die Sächsische Staatsregierung die im Radverkehrskonzept genannten Fachstellen für den Alltagsradverkehr und den Radtourismus in den Regierungspräsidien eingeführt, oder plant sie solche Stellen und unterstützt sie die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Einrichtung solcher Stellen auf Kreisebene (Radverkehrskonzeption, S.12)?
Die Staatsregierung empfiehlt beispielsweise Landkreisen und Kreisfreien Städten, in deren Verantwortungsbereich die Netze des Radverkehrs fallen, Radverkehrsfachstellen einzurichten bzw. Radverkehrsbeauftragte zu benennen, welche das Know-how für den jeweiligen Bereich bündeln und beispielsweise Städten und Gemeinden fachliche Unterstützung geben können.
Anerkannte Radverkehrsbeauftragte gibt es derzeit beim Regierungspräsidium Dresden, bei der Landeshauptstadt Dresden und bei der kreisfreien Stadt Leipzig.
Einen Radverkehrsbeauftragten, der diese Aufgabe vorrangig mit radverkehrspolitischem Hintergrund und nicht als eine Aufgabe unter anderen wahrnimmt, der über den Querschnitt aller Venvaltungsbereiche zu radverkehrsrelevanten Sachverhalten einbezogen wird und Fachkompetenz, Mitspracherecht bzw. weitreichende Entscheidungsbefugnis besitzt, gibt es bislang nur bei der kreisfreien Stadt Leipzig. Die Radverkehrsbeauftragten beim Regierungspräsidium Dresden und bei der Landeshauptstadt Dresden nehmen diese Aufgabe nicht ausschließlich wahr.
Über Ansprechpartner zum Radverkehr, die in der Verwaltung bekannt sind und entsprechende Aussagen zur Fachplanung geben können, verfügen die Regierungspräsidien Chemnitz und Leipzig, die kreisfreien Städte Chemnitz, Plauen, Zwickau, Hoyerswerda und Görlitz sowie alle Landkreise des Regierungsbezirkes Dresden. In den meisten anderen Landkreisen und kreisfreien Städten wird der Radverkehr hinsichtlich seiner Bedeutung und des Aufwandes für entsprechendes Fachpersonal derzeit eher nachrangig eingestuft wird (freiwillige Aufgabe): Die Aufgaben werden in den Bereichen Verkehr bzw. Bau sowie Regionalentwicklung bzw. Kultur und Tourismus getrennt wahrgenommen.
Frage 66: Auf welche Art und Weise findet die verwaltungsinterne Mitwirkung der Radverkehrsfachstellen in den Regierungspräsidien statt?
Eine venvaltungsinterne Mitwirkung des Radverkehrsbeauftragten beim Regierungspräsidium Dresden bzw. die Ansprechpartner zur Radverkehrsforderung bei den Regierungspräsidien Leipzig und Chemnitz erfolgt derzeit insbesondere in folgenden Bereichen:
- Vorplanung und Entwurfsplanung von Maßnahmen der staatlichen Straßenbauämter an Bundes- und Staatsstraßen im Rahmen der Fachaufsicht sowie von Maßnahmen der Landratsämter an Kreisstraßen,
- Koordinierung sämtlicher ressort-, kreis- und länderübergreifender Radverkehrs fragen,
- fachtechnische Bewertung von Zuwendungsvorhaben des Radverkehrs der Landkreise und Kommunen,
- Anleitung und Beratung der staatlichen Straßenbauämter und kommunalen Gebietskörperschaften,
- Aufstellung und Umsetzung der jährlichen Radwegebauprogramme der Straßenbauämter im Rahmen der Fachaufsicht,
- Planfeststellungs- und Baurechtsverfahren für Vorhaben der Verkehrsinfrastruktur sowie für Hochwasserschutzmaßnahmen,
- Förderung von Stadtentwicklungskonzepten,
- Regionalpläne 1 Flächennutzungspläne.
Frage 67: Welche besonderen Qualifikationen und Kompetenzen müssen Mitarbeiter dieser Fachstellen aufweisen?
Die Mitarbeiter in den Regierungspräsidien nehmen ergänzend zu den Aufgaben im Bereich des Radverkehrs noch weitere Aufgaben beispielsweise im Bereich der Generalplanung und des Umweltschutzes wahr. Vorgaben zur Qualifikation und Kompetenz dieser Mitarbeiter können daher nur für den Einzelfall und durch den jeweils zuständigen Vorgesetzten definiert werden.
Frage 68: Was unternimmt die Sächsische Staatsregierung für die Qualitäts- und Erfolgskontrolle bei der Umsetzung der Radverkehrskonzeption in den Landkreisen, insbesondere den in der Konzeption unter 2.5.1 genannten kommunalen Maßnahmen?
Da es sich bei der Umsetzung der RVK in den Landkreisen um Selbstverwaltungsaufgaben handelt, beschränkt sich die Einflussnahme der Staatsregierung auf die Beratung und die Instrumente der Rechtsaufsicht.
Hinsichtlich der Konsequenzen mangelnder oder fehlender Netzplanungen wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen.
Frage 69: Wie schätzt sie die Umsetzung dieser Maßnahmen ein?
Die Staatsregierung und die Regierungspräsidien unterstützen die zuständigen Kommunen bei der Erstellung oder Überarbeitung von Radwegekonzepten zumeist fachlich.
Eine Einschätzung über Planung und Umsetzung dieser kommunalen Maßnahmen kann die Staatsregierung, bezogen auf die Vielzahl sächsischer Kommunen, nicht abschließend geben.
Eine durchaus positive Entwicklung kann zumeist den kreisfreien Städten aber auch in Städten kleinerer und mittlerer Größe, wie z. B. Freiberg, OelsnitzIE. und Hainichen verzeichnet werden. Ein positives Beispiel stellt auch die konzeptionelle Arbeit und die Umsetzung des touristischen Radroutennetzes im Landkreis Annaberg dar, wo die entsprechenden Aufgaben durch die Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH wahrgenommen werden. Dies führt zu einer effektiven Vorbereitung, Koordinierung und Umsetzung notwendiger Maßnahmen. Gleichermaßen gilt dies für die Wirtschaftsinitiative Sächsische Schweiz. Qualitativ hochwertige Radverkehrskonzeptionen liegen beispielsweise vom Muldentalkreis vor.
Allerdings zeichnet sich auch deutlich ab, dass der Stand der Planung und Umsetzung der kommunalen Maßnahmen nach wie vor stark von den Rahmenbedingungen entsprechend dem verkehrs- und tourismuspolitischen Stellenwert des Radverkehrs bei Kommunen undloder Landratsämtern abhängt.
Frage 70: Fanden für alle Radverkehrsverantwortlichen in den Landkreisen Schulungen zu den Inhalten der Radverkehrskonzeption statt?
Mit einer breit angelegten Informationskampagne zur Förderung des Radverkehrs in Sachsen hat das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit die RVK, deren Zielstellungen und Handlungsempfehlungen für alle beteiligten Akteure der Radverkehrsforderung, den Landkreisen, Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten, aber auch den Regierungspräsidien, Tourismusverbänden, Straßenbauämtern und regionalen Planungsstellen vorgestellt.
Mit dem Ziel der Fort- und Weiterbildung der Gemeinden und Landkreise im Bereich Radverkehr arbeitet seit dem 0 1.06.2007 die kommunale Fahrradakademie. Sie wurde aufgebaut durch das Deutsche Institut für Urbanistik (Difb) mit Förderung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und mit Unterstützung des Deutschen Landkreistages, des Deutschen Städte- und Gemeindebundes sowie des Deutschen Städtetages. Neben Seminaren zur Unterhaltung von Radverkehrsanlagen und zu Qualitätsanforderungen an Radverkehrsanlagen betrachtet die Fahrradakademie in ihrem Programm 2007/2008 (http://www.fahrradakademie.de/veranstaltungen) die rechtliche Absicherung von Radverkehrsmaßnahmen und bietet Fachexkursionen nach Kiel und in die Niederlande an. Wesentliche Inhalte der RVK werden durch diese Seminare abgedeckt.
Ergänzend führte die Staatsregierung Anfang 2008 Seminare zur Umsetzung der „Richtlinien zur Fahrradwegweisung im Freistaat Sachsen" durch. Zielgruppe waren die Landkreise, Kreisfreien Städte, kreisangehörigen Gemeinden und deren mit der Planung von Wegweisungskonzepten beauftragte Ingenieurbüros, Tourismusverbände und Bewilligungsbehörden für die Förderung der Fahrradwegweisung.
Frage 71: Lädt die Radverkehrsfachstelle des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit (SMWA) die Fachleute der kommunalen Verwaltungen (bspw. Radverkehrsbeauftragte) regelmäßig zu einem gemeinsamen fachlichen Austausch von Best-Practice-Beispielen, aktuellen Problemlagen und Erfahrungen ein (Radverkehrskonzeption S. 13, S. 17)?
Die Staatsregierung wird 2008, unter Einbeziehung der kommunalen Landesverbände, eine Arbeitsgemeinschaft der sächsischen Kommunen gründen, die die weitere Förderung des Radverkehrs zum Ziel hat (siehe auch Antwort der Staatsregierung zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Johannes Lichdi, Fraktion BÜNDNIS 90 I DIE GRÜNEN, Drs.-Nr.: 4110153). Die Arbeitsgemeinschaft soll dazu beitragen, die sächsischen Städte und Gemeinden stärker für den Radverkehr zu sensibilisieren, die hochgesteckten Ziele der RVK und des 2. Fahrradberichtes der Bundesregierung kommunalen Lösungen zuzuführen, Informationen zu bündeln, ein regelmäßiges Austauschgremium zu schaffen und weiter zu verbessernde Rahmenbedingungen für den Radverkehr aufzuzeigen.
Unter Leitung der Kreisfreien Stadt Chemnitz fand im März 2008 ein erstes Treffen der sächsischen Kreisfreien Städte mit dem Ziel statt, sich fachlich über den Stand der Radverkehrsforderung in den einzelnen Städten auszutauschen und über aktuelle Problemlagen und Erfahrungen zu berichten. Diese Vertretergruppe hat vereinbart, sich künftig mindestens 2x jährlich zu treffen. Hauptschwerpunkt der Arbeit werden die Probleme des Alltagsradverkehrs in den genannten Städten sein. Es ist vorgesehen, die Staatsregierung fortlaufend zu informieren, ggf. direkt einzubinden und das Kommunikationsverhältnis aller Beteiligten zu stärken.
Frage 72: Welche Fortbildungsveranstaltungen für das Fachpersonal der Stra- Benverkehrsbehörden, der Polizei und anderer Behörden (bspw. themenbezogene Workshops) sowie für Entscheidungsträger werden im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung angeboten?
Zur sachlich richtigen Beantwortung der Frage wird unterstellt, dass Fortbildungsveranstaltungen gemeint sind, die die Belange des Radverkehrs umfassen.
Im Auftrag der Staatsregierung werden regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen der örtlichen Unfallkommissionen durchgeführt.
Darüber hinaus bietet das Aus- und Fortbildungsinstitut der sächsischen Polizei, zur weiteren Befähigung und Unterstützung der Bediensteten mit Präventionsaufgaben der Dienststellen des Polizeivollzugsdienstes, zusätzlich zu den Fortbildungsmaßnahmen zur Verkehrserziehung und -aufklärung ein spezielles einwöchiges Aufbauseminar für die Durchführung der praktischen Radfahrausbildung bei Schülern der 4. Klasse an.
Die Zielstellung und inhaltlichen Schwerpunkte des Seminars sind in Anlage 6 dargestellt.
Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Frage 60,61 und 70 verwiesen.
Frage 73: Arbeitet der Freistaat mit der vom Bund initiierten Fahrradakademie zusammen und wenn ja, auf welche Art und Weise?
Im Fahrradportal www.radverkehr.sachsen.de informiert die Staatsregierung regelmäßig über Fortbildungsveranstaltungen und Fachexkursionen der Fahrradakademie. Des Weiteren setzt sie sich dafür ein, dass die kommunalen Landesverbände die Kommunen über Mitgliederrundschreiben entsprechend informieren. Gemeinsam mit der Stadt Leipzig ist es gelungen, dass das Seminar der Reihe „Qualitätsanforderungen an Radverkehrsanlagen" in Sachsen durchgeführt werden konnte und somit eine gute Erreichbarkeit durch die sächsischen Kommunen sichergestellt wurde.
Zudem sind die Bundesländer aufgefordert, gegenüber dem Difu regelmäßig auf weitergehende und auszubauende Seminarthemen hinzuweisen.
Frage 74: Ist eine Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen der Fahrradakademie für das Fachpersonal der Straßenverkehrsbehörden, der Polizei und anderer Behörden verpflichtend?
Eine Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen der Fahrradakademie ist für das Fachpersonal der Straßenverkehrsbehörden, der Polizei und anderer Behörden (z. B.
der sächsischen Straßenbauvenvaltung) nicht verpflichtend, da diese Fortbildungsveranstaltungen und Fachexkursionen weitestgehend Vertretern von mit dem kommunalen Radverkehr befassten Stellen - insbesondere Mitarbeitern von Städten, Gemeinden, Landkreisen - vorbehalten sind.
Die Staatsregierung setzt sich für die Öffnung der Fahrradakademie auch für die genannten Zielgruppen ein, beispielsweise im Rahmen des Bund-Länder-Arbeitskreises „Fahrradverkehr".
Frage 75: Inwiefern werden die sächsischen Straßenverkehrsbehörden von der Staatsregierung dabei unterstützt, den Rechtsrahmen zur Förderung des Radverkehrs auszunutzen, insbesondere durch die (a) Öffnung von Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den Radverkehr, (b) den Einsatz vorteilhafter Führungsformen für den Radverkehr nach dem Stand der Technik oder (c) die Realisierung von Abstellanlagen im Fahrbahnrandbereich (Radverkehrskonzeption, S. 12)?
- a) Die seit der sogenannten „Fahrradnovelle" mit Wirkung vom 0 1.09.1997 bestehende Möglichkeit, in Einbahnstraßen Radverkehr in Gegenrichtung zuzulassen, wurde in den ersten zwei Jahren nach ihrer Einführung durch Behandlung des Themas u.a. in Dienstberatungen intensiv begleitet.
- b) Das Thema Radwege und Radwegebenutzungspflicht sowie der Einsatz gemeinsamer Rad-Gehwege als verkehrlich ungünstigste Form der Radwegeführung ist immer wieder Gegenstand sowohl allgemeiner als auch konkreter Beratungen mit den Straßenverkehrsbehörden und Straßenbaulastträgern. Jede Führungsform für den Radverkehr unterliegt einer Einzelfallprüfung für den konkreten Anwendungsfall. Ziel ist, die Anwendung der vorteilhaftesten Führungsform entsprechend der jeweiligen örtlichen Situation zu ermitteln. Dazu erfolgen Abstimmungen mit den unteren Verkehrsbehörden insbesondere im Rahmen der Vorentwurfs- und Planfeststellungsverfahren.
- c) Die Staatsregierung unterstützt prinzipiell die Ausnutzung des Rechtsrahmens zur Förderung des Radverkehrs, insbesondere bei der Realisierung von Abstellanlagen im Fahrbahnrandbereich, sofern die örtlichen Gegebenheiten dies zulassen.
Frage 76: Haben die sächsischen Kommunen die Möglichkeit, Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung entsprechend VwV-StVO zu öffnen, ohne dass dies die obere Straßenverkehrsbehörde im Einzelfall genehmigen muss (bitte für jedes Regierungspräsidium einzeln)?
Die Zuständigkeit für die hierfür erforderliche verkehrsrechtliche Anordnung liegt bei der unteren Straßenverkehrsbehörde. Einer Genehmigung 1 Zustimmung der Regierungspräsidien bedarf es nicht. Eine solche war nur im ersten Jahr nach der Einführung der VwV-StVO vorgesehen.
Frage 77: Hat die Sächsische Staatsregierung die Änderung der Förderpraktiken für Straßenbahntrassen zugunsten des Radverkehrs überprüft (Radverkehrskonzeption, S. 12) und zu welchem Ergebnis ist sie dabei gekommen?
Fördermittel des ÖPNV müssen der Verbesserung der Attraktivität des ÖPNV (U. a.
der Erhöhung der Reisegeschwindigkeit) dienen. Vor diesem Hintergrund sowie aus Gründen der Sicherheit der Radfahrer sollten Konfliktpotenziale zwischen ÖPNV und Radverkehr nach Möglichkeit vermieden werden.
Frage 78: Wird bei jedem Um-, Aus- oder Neubau von klassifizierten Straßen, auch unter dem Gesichtspunkt der Angebotsplanung, untersucht, wie die Leichtigkeit und Sicherheit des Radverkehrs gewährleistet und verbessert werden kann (Radverkehrskonzeption, S. 47)?
Bei jedem Um-, Aus- oder Neubau von klassifizierten Straßen wird, auch unter dem Gesichtspunkt der Angebotsplanung, untersucht, wie die Leichtigkeit und Sicherheit des Radverkehrs gewährleistet und verbessert werden kann.
Frage 79: Wie verbindlich werden die Ergebnisse solcher Untersuchungen vom SMWA und von den nachgeordneten Behörden (auch Regierungspräsidien und Straßenbauämter) bei Planfeststellungen und bei der Vergabe von Fördermitteln durchgesetzt?
Die fachplanerischen Anforderungen für den Radverkehr, welche beim Aus- und Neubau klassifizierter Straßen untersucht werden, sind Bestandteil der Vorentwurfsplanung bzw. Planfeststellung von Straßenbauvorhaben. Die Möglichkeit zur Durchsetzung dieser fachlichen Aspekte orientiert sich am Ergebnis aller in den Abwägungs- Prozess einzustellenden Belange. Den Radverkehrskonzepten - und in noch höherem Maße etwaigen Verkehrssicherheitsanalysen - kommt bei der Frage der Planrechtfertigung (Bedarf) eine überaus wichtige Funktion zu. Sie stellen oft ein unentbehrliches Mittel zur Begründung des Planes dar, ersetzen allerdings auch nicht die Abwägung mit etwaigen entgegenstehenden öffentlichen und privaten Belangen.
Der Vorentwurf nach den Richtlinien für die Gestaltung von einheitlichen Entwurfsunterlagen (RE 85) ist Grundlage bei der Antragstellung auf Gewährung einer Zuwendung.
Frage 80: Welche Handhabe haben Kommunen, die sich bei ihren Planungen und verkehrlichen Anordnungen gegenüber Straßenbauämtern oder Regierungspräsidien auf diesen Passus berufen, z. B. als Träger öffentlicher Belange, in Planfeststellungsverfahren?
Die Möglichkeiten der Kommunen, fachliche Belange zum Radverkehr in Planfeststellungsverfahren einzubringen, sind die Gleichen wie die anderer Beteiligter auch. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, alle Einwendungen vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzuwägen.
Soweit Kommunen sich auf Radverkehrskonzeptionen oder andere vorhandene Unterlagen berufen und als Träger öffentlicher Belange den Bau von Radwegen in laufenden Planfeststellungsverfahren fordern, die der Straßenbaulastträger nicht vorgesehen hat, kommt dem vor allem eine Anstoßwirkung für die Planfeststellungsbehörde zu.
Diese hat dann zu prüfen, ob im Hinblick auf bereits vorhandenen oder künftig zu erwartenden (überschaubare Verkehrsentwicklung) Radverkehr die Einsatzgrenzen für Radverkehrsanlagen, die sich aus den straßenbautechnischen Regelwerken ergeben (RAS-Q 96, RASt 06, HRaS 02), erfüllt werden und Radverkehrsanlagen zu schaffen sind.
Ein Rechtsanspruch auf den Neubau von Radwegen besteht nicht.
Frage 81: Bei welchem Anteil der im Auftrag des Freistaates Sachsen erfolgenden innerörtlichen Planungen werden Verbesserungen im Kfz-Verkehr zu Lasten der Flächen für den Radverkehr vorgenommen und bei welchem Anteil zu Lasten der Flächen des Fußgängerverkehrs?
Statistische Angaben zum Anteil der im Auftrag des Freistaates Sachsen erfolgenden innerörtlichen Planungen, bei denen Verbesserungen im Kfz-Verkehr zu Lasten der Flächen für den Rad- bzw. Fußgängerverkehrs vorgenommen werden, liegen der Staatsregierung nicht vor.
Frage 82: Bis zu welchem Zeitpunkt wird die Staatsregierung an allen öffentlich zugänglichen Gebäuden des Freistaates Fahrradabstellplätze in ausreichender Anzahl und Qualität zur Verfügung stellen?
Der Freistaat Sachsen errichtet bei allen Behördenunterbringungen, die im Rahmen von Großen und Kleinen Neu-, Um- und Erweiterungsbauten realisiert werden, die nach 3 49 der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) und den hierzu ergangenen Regelungen der Venvaltungsvorschrift zur SächsBO (VwVSächsBO) sowie unter Berücksichtigung des Einzelfalles geforderte Zahl an Fahrradstellplätzen.
Die weit überwiegende Zahl der Gebäude des Freistaates Sachsen hat in den nuückliegenden Jahren eine bauliche Sanierung erfahren bzw. sind Neubauten. Die SächsBO und die VwVSächsBO haben dabei Berücksichtigung gefunden. Vor diesem Hintergrund wird bei dem weit überwiegenden Teil staatlicher Gebäude kein dringender Handlungsbedarf für die Schaffung von zusätzlichen Fahrradabstellplätzen gesehen.
Frage 83: Sieht die Sächsische Staatsregierung Defizite bei der Anzahl der Fahrradabstellmöglichkeiten an sächsischen Hochschulen und wenn ja, bis wann ist geplant, diese Defizite zu beheben?
Bei jedem Neubau bzw. bei jeder grundlegenden Sanierung innerhalb einer Großen oder Kleinen Baumaßnahrne werden die nach der Verwaltungsvorschrift zu fi 49 der SächsBO geforderten Fahrradstellplätze durch den Freistaat Sachsen geschaffen (siehe auch Antwort zu Frage 82). Diese Anzahl reicht bei einzelnen Hochschuleinrichtungen nicht aus, um den tatsächlichen Bedarf zu decken. Der Freistaat Sachsen stellt hier im Rahmen eines freiwilligen Engagements weitere Stellplätze zur Verfügung.
Beispielhaft seien hier die Maßnahmen der Universität Leipzig benannt. Für das Institut für Geisteswissenschaften wurden die PKW-Stellplätze an der Brüderstraße zu zusätzlichen Fahrradabstellplätzen umgewidmet. Für den Campus Augustusplatz werden 1.949 Stellplätze für Fahrräder im Freien bzw. in Fahrradgaragen geplant.
Ein Überblick über den Bedarf und damit über mögliche Defizite in der Bereitstellung von Fahrradabstellplätzen über alle Liegenschaften der Hochschulen liegt der Staatsregierung nicht vor.
Frage 84: Sieht die Sächsische Staatsregierung die Notwendigkeit, dass bei allen Mietswohnungen ausreichend Abstellanlagen mit den genannten Qualitätsmerkmalen vorhanden sind?
Die Notwendigkeit zur Schaffung von ausreichenden Abstellmöglichkeiten für Fahrräder wird derzeit noch gesehen für sämtliche Anlagen, bei denen ein Zu- oder Abgangsverkehr von Fahrrädern zu erwarten ist. Insofern wird verwiesen auf die geltenden Vorschriften des fi 49 SächsBO und Nummer 49.1.2 (siehe insbesondere Nummer 1 der Richtzahlentabelle) der VwVSächsBO, die für den Bauherrn entsprechende Anforderungen hierzu enthalten.
Frage 85: Wie will die Staatsregierung im Hinblick auf die geplante Änderung der sächsischen Bauordnung zukünftig sicherstellen, dass in allen Mietswohnhäusern ausreichend Abstellanlagen für Fahrräder entstehen?
Durch die geplante Änderung der Sächsischen Bauordnung entfallt die Pflicht zur Schaffung von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder nicht für Wohngebäude mit mehr als sechs Wohneinheiten und für Sonderbauten, bei denen mit einem hohen Zu- und Abgangsverkehr zu rechnen ist. Für alle anderen, kleineren Wohngebäude wird die Notwendigkeit einer gesetzlichen Stellplatzpflicht zur Vermeidung von Verkehrsbeeinträchtigungen künftig nicht mehr gesehen, da davon ausgegangen wird, dass in diesen Fällen regelmäßig hinreichend Platz auf dem Grundstück zum Abstellen von Fahrrädern vorhanden ist. Die Schaffung von Abstellplätzen kann insoweit den Regeln des freien Marktes überlassen werden. Die Eigentümer werden häufig freiwillig Abstellplätze schaffen, um die Attraktivität des Objekts zu erhöhen.
Frage 86: Wann wird der Freistaat einen Leitfaden zum Fahrradparken (Analog zu dem der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundliche Städte in Nordrhein- Westfalen) zur Verfügung stellen und verbreiten, der es Bauherren ermöglicht, für konkrete städtebauliche Situationen Möglichkeiten für attraktive Fahrradabstellanlagen zu entwickeln und damit die Vorgaben der sächsischen Bauordnung umzusetzen (Radverkehrskonzeption, S. 13)?
Über die Herausgabe des Leitfadens zum Fahrradparken kann erst entschieden werden, wenn der Gesetzgeber im Rahmen des in der Antwort zu Frage 85 genannten Normsetzungsvorhabens eine abschließende Entscheidung über den künftigen Umfang der Pflicht zur Schaffung von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder getroffen hat.
Frage 87: Kann die Staatsregierung garantieren, dass alle benutzungspflichtigen Radverkehrsanlagen im Freistaat Sachsen den Qualitätskriterien der VwV-StVO in ihrer Form nach der Novelle 1997 genügen?
Die Zuständigkeit für die Anordnung und den Fortbestand von Radwegebenutzungspflichten liegt bei den unteren Straßenverkehrsbehörden, also den Kreisfreien Städten, Landratsämtern und Großen Kreisstädten.
Anlässlich der sog. „Fahrradnovelle" wurden alle unteren Straßenverkehrsbehörden zur Überprüfung und ggf. Aufhebung1 Änderung der m diesem Zeitpunkt angeordneten Radwegebenutzungspflichten bis zum 0 1.10.1998 und Bericht hierzu aufgefordert.
Diese Überprüfung ist erfolgt.
Im Übrigen sind die unteren Straßenverkehrsbehörden auch im Rahmen der nach der VwV-StVO zu 8 45 Abs. 3 StVO regelmäßig durchzuführenden Verkehrsschauen zur Überprüfung der Verkehrszeichen verpflichtet. Dazu gehört auch die Sichtung und zu wiederholende Prüfung der Eignung der jeweiligen Strecken für die Benutzungspflicht.
Frage 88: In welcher Form wird die Anwendung der 1997 novellierten VwVStVO auch für bestehende Radverkehrsanlagen von den Aufsichtsbehörden durchgesetzt?
Die Bindung der unteren Straßenverkehrsbehörden an die Vorgaben der StVO und VwV-StVO folgt aus dem für alle Behörden geltenden Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung - einer allgemeinen Durchsetzung der Anwendung bedarf es damit nicht.
Wie zu Frage 87 dargestellt wurde die „Fahrradnovelle" fachaufsichtlich begleitet.
Wegen der Verpflichtung der unteren Straßenverkehrbehörden m Mitteilung über die Durchführung der Überprüfungen und auch aufgrund diesbezüglicher Beschwerden und Widersprüchen von Bürgern wird die Anwendung der VwV-StVO auch weiterhin in der Praxis immer wieder thematisiert. Werden rechtliche Vorgaben nicht oder unzureichend umgesetzt, besteht die Möglichkeit des fachaufsichtlichen Einschreitens auf der Grundlage von 5 44 StVO.
Frage 89: Falls die Sächsische Staatsregierung die Durchsetzung der Kriterien der VwV-StVO für die Radverkehrsanlagen in Sachsen für unmöglich hält, für wie sinnvoll erachtet sie dann diese Verwaltungsvorschrift?
Mit der „Fahrradnovelle" wurde ein wichtiger Schritt in Richtung Steigerung der Sicherheit, Benutzbarkeit und Attraktivität von Radwegen mit Benutningspflicht zurückgelegt und auch das Bewusstsein der Straßenplaner entsprechend verändert. Dass die rechtliche Entwicklung damit nicht am Ende angekommen ist, zeigt der sich gerade in der Länderanhörung befindende Entwurf einer neuen VwV-StVO, der sich unter anderem auch intensiv mit dem Thema der Radwege und Radwegebenutzungspflichten beschäftigt.
Frage 90: Welche Rolle spielte $j 45 Abs. 9 StVO bei der Überprüfung der Radwegebenutzungspflichten, wonach die Anordnung einer Benutzungspflicht nur dann gerechtfertigt ist, wenn damit eine besondere und konkret nachzuweisende Gefährdung vermieden werden kann, die das allgemeine Unfallrisiko auf der Fahrbahn überschreitet?
§45 Abs. 9 StVO ist durch die Straßenverkehrsbehörden verpflichtend zu prüfen und im Hinblick auf den sogenannten „Schilderwald" schon seit vielen Jahren sehr aktuell.
Welche Rolle 5 45 Abs. 9 StVO speziell im Hinblick auf die bis zum 1.10.1998 durchzuführende „ersteG Überprüfung der Radwegebenutzungspflichten nach der „Fahrradnovelle" hatte, lässt sich heute kaum noch feststellen.
Das Bewusstsein der Straßenverkehrsbehörden für die Bedeutung des 5 45 Abs. 9 StVO gerade auch im Zusammenhang mit der Radwegebenutningspflicht wurde seitdem durch eine Fülle von Gerichtsurteilen geschärft. Das Thema wird auch in der Fachliteratur und „im Internet" umfangreich behandelt. Es mag aber sein, dass bei vorhandenem und anforderungsgerechtem Radweg auch heute eine allgemeine Zurückhaltung bei der Aufhebung von Radwegebenutzungspflichten besteht - unter anderem in der Annahme, dass Kfz-Führer nicht mit einem Radfahrer auf der Straße rechnen, wenn ein Radweg vorhanden ist.
Frage 91: Wurden die personellen Kapazitäten des Freistaates zur Umsetzung der Radverkehrskonzeption seit 2005 erhöht?
Die personellen Kapazitäten des Freistaates zur Umsetzung der Radverkehrskonzeption wurden seit 2005 nicht erhöht.
Frage 92: Werden die vorhandenen personellen Kapazitäten als ausreichend angesehen?
Eine Erhöhung der personellen Kapazitäten zur Umsetzung der Radverkehrskonzeption ist nur durch eine Änderung der Prioritäten im Rahmen des vorhandenen Personaltableaus möglich.