ADFC zur aktuellen Radverkehrspolitik in Sachsen
"Die Bekenntnisse von Minister Dulig zum Radverkehr sind lobenswert. Doch um den Radverkehr voranzubringen, ist mehr nötig als Absichtserklärungen." sagt ADFC-Vorstand Rolf Leonhardt. "2016 war das schlechteste Jahr seit Langem beim Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen. Den warmen Worten müssen nun endlich Taten folgen. In Sachsen kommt der Radwegebau nicht voran, weil im Ministerium und den zuständigen Behörden schlicht Personal fehlt." Im letzten Jahr wurden an sächsischen Bundes- und Staatsstraßen lediglich 13,4 km Radwege errichtet. Bis 2025 will der Freistaat 460 km bauen, was einem jährlichen Zubau von 51 km entspricht. "Dieses schon sehr niedrig gesteckte Ziel wird weit verfehlt. Um im Jahr 2025 wenigstens den bundesweiten Durchschnitt bei Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen zu erreichen, muss der Freistaat bis dahin mindestens 950 km Radwege neu bauen. Das bedeutet, ab 2018 müssten jedes Jahr 36 km Radwege an Bundesstraßen und 83 Kilometer an Staatsstraßen hinzukommen." rechnet der ADFC-Vorstand vor.
Der Stillstand beim Radwegebau führt zunehmend zu Unmut bei den Betroffenen. In vielen Orten haben sich inzwischen Bürgerinitiativen gegründet, in den letzten 5 Jahren hat der ADFC in Sachsen sechs neue Ortsgruppen gründen können. So kämpft in Mügeln seit acht Jahren eine Bürgerinitative für einen Radweg an der S 31. Zwischen Zwickau und Mülsen hat der ansässige ADFC eine Petition gestartet, damit der seit Jahrzehnten erwartete Bau des Radwegs an der stark belasteten B 173 endlich beginnt. Auch an der S 95 zwischen Dresden und Radeberg, über die täglich 14.700 Autos rollen, fehlt bisher ein Radweg.
Schon Duligs Vorgänger Sven Morlok und Thomas Jurk beklagten lange Planungsprozesse und den Umweltschutz als Hemmnis für den Radwegebau. "Dass sich Radwege nicht von selbst bauen, ist also schon ein paar Jahre bekannt. Umso befremdlicher ist es, dass der Minister meint, in Sachsen ein Radwegenetz ohne zusätzliche Radwegeplaner umsetzen zu können." sagt Leonhardt. Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen Ende 2016 wurde das Personal von LASuV und SMWA um 10% (bzw. 60 Stellen) aufgestockt. Keine einzige dieser neuen Stellen ist für Radverkehr vorgesehen. "Sachsen scheint das einzige Bundesland zu sein, was die Herausforderung der Radverkehrsplanung völlig ohne eigenes Personal bewerkstelligen will. In zahlreichen Bundesländern gibt es längst eigene Referate für Nahmobilität und Radverkehr."
Auch die Förderung kommunaler Rad-Projekte durch den Freistaat klemmt. In den letzten Jahren ist aufgrund unklarer Zuständigkeiten, fehlendem Personal und unklar fomulierter Richtlinien nur ein Bruchteil der vorhandenen Mittel für die kommunale Radverkehrsförderung verbaut worden. Das Jahr 2015 war mit lediglich 600.000 Euro der absolute Tiefpunkt, auch 2016 wurden von 8 Mio. Euro eingestellten Mitteln nur 1,6 Mio. ausgereicht. Der Ärger bei den Kommunen über das Förderchaos nimmt zu. Klagen kommen sowohl aus Großstädten wie Dresden oder Leipzig, als auch von kleineren Gemeinden, wie zum Beispiel Radebeul oder Auerbach im Vogtland.
Anlage:
Pressemitteilung des SMWA vom 5. September 2017: https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/213241
Auerbach im Vogtland beantragt Mittel des Bundes, weil Landesmittel nicht fließen: Freie Presse, 18. April 2017: Auerbach will Radweglücken schließen
Dresden finanziert Radwege mit 100% Eigenmitteln: DNN, 7. Juni 2017: Fördermillionen des Freistaats für den Radwegbau verpuffen
Leipzig erhält 2017 überhaupt keine Förderung des Landes: Anfrage zur Förderung des Radwegebaus in Leipzig: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1007029
Radebeul wurde falsch über Förderbedingungen unterrichtet: SZ Radebeul, 13. Juni 2017: Radfahrer fühlen sich unsicher
ADFC moniert fehlenden Radweg bei Planung der B 95 nördlich Annaberg: http://adfc-sachsen.de/index.php/presse/pressemitteilungen/569-adfc-moniert-fehlenden-radweg-an-b-95-noerdlich-annaberg
ADFC unterstützt Bürgerinitiative für Radweg an der S 31: http://adfc-sachsen.de/index.php/presse/pressemitteilungen/577-adfc-unterstuetzt-proteste-fuer-radweg-an-s-31