Fahrradclub hält fahrradunfreundlichen Ausbau der Bundesstraße für nicht mehr zeitgemäß
"Eine völlig veraltete Planung", so nennt Konrad Krause, Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Sachsen (ADFC), den kürzlich eröffneten Abschnitt der B 170 zwischen der Anschlussstelle Dresden-Südvorstadt der A 17 und der S 191 in Bannewitz. Schon 2005 hatte sich der Freistaat vorgenommen, an dem Abschnitt der Bundesstraße zwischen dem Ortsausgang Dresden und Bannewitz einen Radweg zu bauen. Und obwohl das Projekt schon vor 17 Jahren "Priorität 1" hatte, ist man bis heute nicht besonders weit gekommen.
Während Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig öffentlich verkündete, dass beim letzte Woche eröffneten Neubauabschnitt der B 170 in Bannewitz auch die Belange nicht-motorisierter Verkehrsteilnehmer berücksichtigt worden seien, stellt sich heraus: Dies ist kaum die halbe Wahrheit. Auf weiten Teilen der Neubaustrecke ist Radfahren verboten. Nur ein kleiner Abschnitt des 29 Millionen-Projekts hat tatsächlich einen Radweg bekommen. Sowohl im Abschnitt südlich der Boderitzer Straße in Bannewitz als auch in Dresden ist das Radfahren auf der Bundesstraße ausdrücklich verboten. Richtung Dresden heißt das: Radfahrer müssen mit bis zu 8% Steigung und vielen Höhenmetern durch das Kaitzer Loch fahren und können nicht, wie die Autos, vergleichsweise eben in die Stadt rollen. Richtung Süden fehlt eine alternative Routenführung komplett.
Für den ADFC-Geschäftsführer ist das unverständlich: "Die Strecke ist eine der wichtigsten Verkehrsachsen im Süden Dresdens. Immer mehr Menschen wollen mit dem Rad zur Arbeit pendeln. Wenn unser Ziel ist, dass die Stadt nicht im Stau erstickt, sind natürlich gut nutzbare Radwege erforderlich."
Der ADFC hält es für einen Skandal, dass eine derart aus der Zeit gefallene Planung im Jahr 2022 noch realisiert werden kann. Der Fahrradclub sieht dabei auch den Bund in der Pflicht. "Berlin hat klare Vorgaben für den Ausbau von Bundesstraßen. Ein Projekt, bei dem die Wegeführung des Radverkehrs überhaupt keine Rolle spielt, ist eigentlich nicht genehmigungsfähig." sagt ADFC-Geschäftsführer Krause. "Wir haben den Eindruck, dass der Bund den Ländern aber einfach das Geld für den Straßenbau rüberschiebt, ohne darauf zu achten, was am Ende dabei herauskommt."
Hintergrund
Bereits in der Radverkehrskonzeption Sachsen aus dem Jahr 2005 ist für den ca. 4,5 km langen Abschnitt der B 170 zwischen der Kohlenstraße in Dresden und der S 191n in Bannewitz eine sichere Radverkehrsführung vorgesehen. Mehrfach wurde das Konzept mittlerweile fortgeschrieben, in jeder Fassung stand der Radweg an der B 170 mit Priorität 1. Für die Planungen des Freistaats an der Bundesstraße hat das Konzept aber offenbar nie eine wichtige Rolle gespielt. Von dem ca. 2.100 m langen und 29 Mio. Euro teuren Ausbauabschnitt der B 170 in Bannewitz haben lediglich 800 m einen Radweg erhalten. Auf der restlichen Strecke ist Radfahren verboten. Ob und wann die in der sächsischen Radverkehrskonzeption beschlossene sichere Radwegverbindung an der B 170 kommt, ist völlig unklar.
Der Radwegebau in Sachsen stagniert insgesamt: Nur etwa 17% der sächsischen Staats- und Bundesstraßen sind bisher mit einem Radweg ausgestattet. Dabei will Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig bis 2025 noch fast 500 km Radweg an Staats- und Bundesstraßen fertigstellen, also 100 km Radweg pro Jahr. Doch der Radwegebau an Sachsens Staats- und Bundesstraßen kommt kaum voran. 2021 wurden insgesamt lediglich knapp 9 km Radweg an Bundes und Staatsstraßen angebaut. Auch für 2022 erwartet der ADFC keine Trendwende.
Auch Sachsens schwarz-rot-grüne Regierung hat sich Ende 2019 noch einmal ausdrücklich vorgenommen, Bedingungen zu schaffen, damit sich der Radverkehr im Freistaat bis 2025 verdoppelt. Bisher sieht es aber nicht so aus, dass der Radwegebau an Bundesstraßen deshalb nun Fahrt aufnehmen würde. Weder hat die Koalition veraltete Projekte ohne Radweg, wie die an der B 170, auf den Prüfstand gestellt, noch wurde das Personal beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr aufgestockt, um mehr Radwegprojekte voranbringen zu können.
Dabei finanziert den Radwegebau an Bundesstraßen die Bundesregierung zu 100%. Die Länder müssen lediglich die notwendigen Planungen durchführen und sind für den Bau zuständig. Doch offensichtlich scheitert der Fortschritt am Personalmangel im LASuV und seinen Niederlassungen. Aus diesem Grund verfallen viele Millionen für Radwege an Bundesstraßen, die dem Freistaat eigentlich zustehen.