Fahrradclub kritisiert Tempo der sächsischen Regierung beim Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen
Der Radwegebau in Sachsen stagniert: Nur 17% der sächsischen Staats- und Bundesstraßen sind bisher mit einem Radweg ausgestattet. Dabei will Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig bis 2025 noch fast 500 km Radweg an Staats- und Bundesstraßen fertigstellen, also 100 km Radweg pro Jahr. Doch der Radwegebau an Sachsens Staats- und Bundesstraßen erreicht neue Tiefststände: Während der Freistaat 2019 immerhin knapp 11 km Radwege fertigstellte, sank der Wert 2020 auf 6,5 km ab. Das geht aus einer Kleinen Anfrage des Landtagsabgeordneten Marco Böhme hervor.
Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen ist besorgt: „Die Festlegungen und Versprechungen der Sächsischen Staatsregierung stehen in immer schärferem Kontrast zur Realität. Wenn der Verkehrsminister Martin Dulig nicht endlich das Ruder herumreißt, ist der Radwegebau an Bundes- und Staatsstraßen bald am absoluten Nullpunkt angekommen."
Besonders der Bau an Bundesstraßen könnte deutlich schneller vorangehen, wenn der Freistaat Personal für die Radwegeplanung aufstocken würde. Denn hier muss Sachsen nur planen, die Mittel stellt der Bund bereit. Zwischen 2014 und 2019 eröffnete der Freistaat lediglich 50 km Radwege an Bundesstraßen, deutlich weniger als geplant. Zum Vergleich: Mecklenburg-Vorpommern beantragte im selben Zeitraum fast doppelt so viele Mittel beim Bund wie Sachsen und konnte mit 49,9 Mio. Euro 160 km Radwege an Bundesstraßen fertigstellen. Der ADFC fordert daher, dass der Freistaat mehr Geld für Radverkehrsplaner zur Verfügung stellt.
„Fehlende Planungskapazitäten zögern den Bau von Radwegen unnötig hinaus und sind ein Grund dafür, dass Sachsen nicht die Gelder verbaut, die zu 100 Prozent vom Bund bereitgestellt werden. Neben fehlenden Radverkehrsmitteln im Haushaltsentwurf muss der Landtag im Haushalt mehr Stellen für Radwegeplaner schaffen" ist Krause überzeugt.
Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Menschen bereit sind, in ihrem Alltag mehr Strecken mit dem Rad zurückzulegen und es überall dort auch tun, wo Radwege vorhanden sind. „Ein derart lückenhaftes Radwegenetz wie in Sachsen ist nicht nur ein Komfortprolem. Hier geht es um die Sicherheit und das Überleben von Menschen. Wir können mit dem Wegeausbau in Sachsen nicht warten, bis die Zahl getöteter Radfahrer ansteigt. Verkehrsminister Martin Dulig muss in seinem Ministerium dringend einen Gang hochschalten, um seiner Verantwortung gerecht zu werden“ so Konrad Krause.
Hintergrund
2014 hat der Freistaat alle Bundes- und Staatstraßenabschnitte, die noch nicht über einen separaten Radweg verfügen, überprüft. Dabei wurden den Streckenabschnitte Prioritäten zugeordnet. Die Maßnahmen an den Abschnitten mit der höchsten Priorität (Klasse A) sollen bis 2025 umgesetzt werden. An Streckenabschnitten mit der Priorität B können voraussichtlich erst ab 2025 Radwege gebaut werden. Für Klasse C fand bisher noch keine systematische Priorisierung statt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass an diesen Abschnitten kein Bedarf für einen Radweg bestünde. Stattdessen wurde bei Abschnitten dieser Kategorie schlicht noch nicht geprüft, ob ein Radweg überhaupt erforderlich ist. Allein die Länge der Abschnitte, die unter Klasse C geführt werden, betrug 2014 rund 580 km.
Immer wieder sterben Menschen auf sächsischen Staatsstraßen ohne Radweg, zuletzt im November auf der S 44 bei Leisnig. Bereits seit Jahren forderten dort Schulen, Vereine und auch Leisnigs Bürgermeister Tobias Groth den Bau eines Radwegs entlang der Staatsstraße. Dies ist beileibe kein EInzelfall. In Gelenau im Landkreis Bautzen steht seit zehn Jahren ein Radwegstummel mit Bahnübergang in der Landschaft, ohne dass er zwischenzeitlich angeschlossen worden wäre. Ähnliche Beispiele gibt es viele. An zahlreichen Orten in Sachsen warten Anwohner teils weit länger als zehn Jahre auf einen Radweg in den Nachbarort.
Nur 28 % der sächsischen Bundesstraßen verfügen bisher über einen Radweg, während dieser Wert bundesweit bei über 40 % liegt. Bei den sächsischen Staatsstraßen beträgt der Ausstattungsgrad mit einem Radweg sogar nur 11 %.
Weiterführende Informationen
KlAnfr Drs. 7/5792 Bau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen
Grafik Radwegebau an Staats- und Bundesstraßen in Sachsen 2011-2020