ADFC fordert: Innenminister Wöller muss jetzt die Reißleine ziehen
Die Fahrrad-Datenbank der Polizeidirektion Leipzig wird nicht regelmäßig mit neuen Einträgen befüllt. Dies zeigen aktuelle Recherchen des MDR. Bürger, die ihre Räder in Leipzig registrieren lassen, können nicht damit rechnen, dass die Registrierungen zeitnah in die Datenbank der Polizei eingepflegt werden, damit diese im Fall eines Diebstahls schneller zugeordnet werden können. Die Polizeidirektion räumte ein, dass es aufgrund personeller Engpässe deutliche Verzögerungen gibt. Darüber hinaus bestehen wohl technische Probleme bei der Eintragung in die Datenbank. Jene Datenbank wird aber ohnehin nur von der Polizeidirektion Leipzig genutzt. Außerhalb ihres Gebietes findet die Datenbank keine Anwendung.
Janek Mücksch, Vorstandsmitglied des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Sachsen, kritisiert das Verfahren der Polizei Leipzig: „Bei dem Leipziger Modell der Fahrradregistrierung handelt es sich um eine Insellösung. Sie wird nur in Leipzig genutzt. Es ist äußerst zweifelhaft, dass Polizisten in anderen Teilen der Republik gestohlene Räder aus Leipzig zurückverfolgen können.“ Dabei existieren dezentrale Lösungen wie die EIN-Codierung, bei der ein individualisierter Code am Rad dauerhaft mit einer Nadel eingeprägt wird. Dieses Verfahren ist bundesweit bei Verkehrswachten, Polizeieinheiten und zivilgesellschaftlichen Akteuren akzeptiert. Vor allem in Hessen, aber auch in Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wird dieses Verfahren bereits erfolgreich praktiziert. „Das Leipziger System ist veraltet und höchst unsicher. Innenminister Wöller muss jetzt die Reißleine ziehen und ein modernes Verfahren in der Polizeidirektion Leipzig etablieren. Anders ist dem Problem des Fahrraddiebstahls in Leipzig nicht beizukommen“ sagt Mücksch.
Anders als viele Polizeidirektionen bundesweit arbeitet die Polizei Leipzig auch mit Aufklebern anstelle von Nadelcodierungen. Um diese Aufkleber zu entfernen, ist nur wenig kriminelle Energie notwendig. Der ADFC empfiehlt daher, statt des Aufklebers eine Nadelcodierung zu verwenden, da ein solcher Code sich nicht mehr entfernen lässt.
Hintergrund:
Bei der EIN-Codierung wird das Fahrrad mit einer Signatur gekennzeichnet, die in verschlüsselter Form die Wohnadresse und die Initialen des Besitzers enthält. Mithilfe des Codes kann die Polizei innerhalb von Sekunden ohne eine Datenbankabfrage die Adresse des Eigentümers ermitteln. Da die Codierung auch mit dem aktuellen Jahr versehen wird, sind Umzüge oder Namensänderungen kein Problem. Der individuelle Code wird mit einer Nadel in den Rahmen geprägt. Ein durchsichtiger Aufkleber schützt anschließend vor Korrosionen.
Leipzig gilt als Hochburg des Fahrraddiebstahls. Rund die Hälfte der angezeigten Fahrraddiebstähle im Freistaat Sachsen findet in der Messemetropole statt. 2019 wurden in Sachsen 21.021 Fahrraddiebstähle zur Anzeige gebracht, 12.084 davon im Gebiet der Polizeidirektion Leipzig. Während die Aufklärungsquote sachsenweit bei 11,6% liegt, beträgt die Quote in Leipzig nur 7,7%. Alle sächsischen Landkreise sowie Dresden und Chemnitz weisen bessere Erfolgsquoten auf. Der ADFC geht davon aus, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches größer ist.
Weitere Informationen:
Recherche-Ergebnisse des MDR vom 19. Juli
Informationen zur FEIN-Methode