Fahrradland Sachsen: Noch unterdurchschnittlich
Pressemitteilung zum Fahrradklima-Test des ADFC in Sachsen
Heute hat der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen e.V. (ADFC) vor der Landespressekonferenz die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests in Sachsen präsentiert.
Mit einer Durchschnittsnote von 4,05 landet Sachsen auf der Liste der 13 deutschen Flächenländer auf dem vorletzten Platz. Im Vergleich zu 2012 und 2014 hat sich die durchschnittliche Bewertung Sachsens nicht verbessert. „Wenn man die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests in einem Wort zusammenfasst, dann lautet das: Stagnation“ sagt Olaf Matthies, Vorsitzender des ADFC Sachsen.
Fahrradland Sachsen: Radfahrer oft ausgebremst
Nicht gut bestellt ist es in Sachsens Städten um das Sicherheitsgefühl beim Radfahren. Bei dieser Frage schnitten fast alle sächsischen Städte im Bereich der Note 4 ab, beson-ders die Städte unter 50.000 Einwohner unterscheiden sich hier deutlich vom bundes-weiten Trend, wo sich Radfahrer umso sicherer fühlen, je kleiner die Stadt ist.
„Wenn wir in Sachsen mehr Menschen zum Radfahren animieren wollen, müssen wir dafür sorgen, dass sie sich auf dem Rad sicher fühlen. Nicht selten stehen Verkehrsunfälle mit Mängeln an der städtischen Verkehrsinfrastruktur in Verbindung. Aber auch der schwache Druck der Polizei auf Falschparker und Raser macht vielen Sachsen Angst, auf ihren alltäglichen Wegen öfter aufs Rad zu steigen.“ sagt der sächsische ADFC-Vorsitzende.
Bei der Bewertung der Zügigkeit des Radfahrens gibt es große Unterschiede zwischen den sächsischen Städten. Leipzig (Note 2,4), Görlitz (2,6) und Delitzsch (2,5) liegen vorn, während die Radfahrer besonders in Freital (4,3) und Annaberg-Buchholz (4,5) nicht gut vorankommen. Direkte Wegeführungen, freigegebene Einbahnstraßen und kürzere Warte-zeiten an der Ampel können Kommunen oft mit wenig Aufwand verwirklichen.
„In Städten, wo die Menschen zügig mit dem Rad vorankommen, ist nicht nur die restliche Bewertung im Fahrradklima-Test besser. Es wird auch deutlich mehr Rad gefahren.“ sagt Konrad Krause, der die Ergebnisse der Befragung für Sachsen analysiert hat.
In den meisten Städten Sachsens scheinen die Menschen nicht den Eindruck zu haben, dass die Förderung des Radverkehrs in letzter Zeit große Fortschritte gemacht hat. Mit Note 4,3 nimmt Dresden den letzten Platz der sächsischen Großstädte ein, gleichauf mit Zwickau. Die Städte unter 50.000 Einwohner liegen mit einer Durchschnittsnote von 4,39 deutlich unter dem bundesweiten Schnitt von Note 3,9.
Fahrradland Sachsen: Engagement zahlt sich aus
Es gibt auch in Sachsen Städte, die ein positives Bild zeigen: Freiberg hat sich bei der Bewertung der „Förderung in letzter Zeit“ von Note 4,7 im Jahr 2012 auf eine 3,4 vorgear-beitet und liegt damit auch über dem sächsischen Durchschnitt. In Bautzen bewerteten die Einwohner die Anstrengungen der Stadt zur Förderung des Radverkehrs mit Note 3,4 (2012: 4,2). Bei den Großstädten konnte sich im Vergleich zu 2012 Chemnitz von Note 4,0 auf eine 3,7 verbessern. „Der Fahrradklima-Test zeigt, dass sich das Engagement einer Stadt lohnt und honoriert wird“ sagt Matthies.
Im Doppelhaushalt 2015/16 hat der Sächsische Landtag die Mittel für die kommunale Förderung des Radverkehrs ab 2016 von 4 auf 8 Mio. pro Jahr verdoppelt. Über 80% dieser Mittel haben die sächsischen Städte 2015 und 2016 jedoch verfallen lassen. Das liegt vor allem an fehlenden Planungskapazitäten auf kommunaler Ebene und fehlenden Vorgaben des Freistaats für eine moderne Verkehrsinfrastruktur. „In manchen Städten war der Fahrradklima-Test des ADFC schon ein Anstoß für eine fahrradfreundlichere Planung, die auch Kinder und ältere Menschen berücksichtigt.“ sagt ADFC-Chef Matthies.
Fahrradland Sachsen: Mehr Verkehrssicherheit, mehr Know-how, mehr Investitionen
„Niemand will sich beim Radfahren unnötigen Gefahren aussetzen. Die Priorität der Verkehrsplanung in Sachsen muss daher auf der Verkehrssicherheit liegen. Dazu gehört eine messbare Zielvorgabe.“ sagt Matthies. Bayern etwa habe sich vorgenommen, die Zahl der Verkehrstoten bis 2020 um 30% zu senken.
Damit Mobilität mit dem Rad wirklich sicherer wird, muss der Freistaat bei der Vergabe von Fördermitteln die Einhaltung moderner Planungsstandards verbindlich machen. Das ist bisher in Sachsen nicht der Fall und führt oft dazu, dass veraltete radunfreundliche Infra-struktur nicht umgebaut wird.
Der ADFC Sachsen setzt sich dafür ein, dass die Kommunen ihre Anstrengungen bei der Förderung des Radverkehrs bündeln. In vielen Bundesländern arbeiten sehr erfolgreich Arbeitsgemeinschaften fahrradfreundlicher Städte (AGFS), darunter in Bayern, Branden-burg und Nordrhein-Westfalen. Solche Arbeitsgemeinschaften koordinieren die lokale Radverkehrsförderung und stärken die Kompetenzen in den Kommunen.
„Es ist niemandem geholfen, wenn jede Kleinstadt das Rad neu erfindet, sobald es um Radverkehr geht“ sagt Konrad Krause. „Wir brauchen eine Struktur, die Know-how bündelt und es den Städten erleichtert, schnell aus den Fehlern anderer zu lernen. Eine Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte bringt große Synergien und kann Fehlplanungen vorbeugen.“ Die Gründung der AGFS ist Teil des sächsischen Koalitionsvertrags. Auch entsprechende Mittel hat Schwarz-Rot im Landeshaushalt 2017 / 18 bereits eingestellt.
„Die politischen Weichenstellungen der Großen Koalition für den Radverkehr sind sehr erfreulich, kommen aber bei den Menschen noch nicht an. Finanzmittel des Freistaats stehen bereit und Minister Dulig schafft auf Landesebene neue Planungskapazitäten. Erste Städte starten durch. Mit Rückenwind vom Freistaat kann Sachsen zum Fahrradland werden.
Der Fahrradklima-Test des ADFC ist die weltweit größte Untersuchung dieser Art. Über 120.000 Bürgerinnen und Bürger haben an der siebten Umfrage des ADFC teilgenommen und deutschlandweit die Fahrradfreundlichkeit von 539 Städten bewertet.
Kontakt: Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen 0176 - 317 318 08