Zur Forderung des Königsteiner CDU-Stadtrates Andreas Müller, zwischen Königstein und Bad Schandau die B 172 für den Radverkehr zu sperren, meldet sich der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club zu Wort. Müller forderte, dass Radfahrer von und nach Bad Schandau über die Königsteiner Elbfähre übersetzen sollen. Autofahrer würden, so Müller, durch die Radfahrer auf der Bundesstraße "zu gefährlichen Überholmanövern animiert."
Konrad Krause vom ADFC Sachsen ist über diese Aussage überrascht. "Der Ausbau des Elberadwegs läuft in anderen Gegenden schon seit über 20 Jahren. Die Kommunalpolitiker in Königstein und Bad Schandau hatten wirklich genug Zeit, sich um eine vernünftige Radverbindung zwischen ihren Städten zu kümmern. Nachdem man das über Jahre verschlafen hat, ist einfach unredlich und populistisch, auf die Radfahrer zu schimpfen, die sich mangels einer brauchbaren Alternative ihre Wege suchen."
"Wenn alle Städte am Elberadweg so mit den Radtouristen umspringen würden, hätte es der Elberadweg niemals zu dem touristischen Wirtschaftsfaktor geschafft, der er seit ein paar Jahren ist. Selbstverständlich wird es höchste Zeit, dass die Lücke des Elberadwegs zwischen Königstein und Bad Schandau endlich fertiggestellt wird. Doch die Touristen am Elberadweg gegen den Autoverkehr auszuspielen, halte ich für keine besonders gute Idee. Sachsen steht mit anderen Radtourismusregionen im Wettbewerb und wir sollten uns hier ins Zeug legen, dass wir nicht den Anschluss verlieren." so Krause.
Der ADFC-Geschäftsführer hält eine Sperrung der B 172 zwischen Königstein und Bad Schandau rechtlich für kaum möglich und auch nicht für wünschenswert. Stattdessen sollte das Landesamt für Straßenbau und Verkehr mindestens bis zur Fertigstellung des neuen Radwegabschnitts an der Elbe auf der Bundesstraße ein Tempolimit und gegebenenfalls ein Überholverbot anordnen.
"Die Straße ist für alle Verkehrsteilnehmer nutzbar, denn Bundesstraßen sind grundsätzlich nicht dem Autoverkehr vorbehalten. Es gilt hier, wie überall im Straßenverkehr, dass alle aufeinander Rücksicht nehmen. Dass Herr Müller den Radfahrern die Schuld in die Schuhe schieben will, wenn Leute mit ihrem Auto riskant überholen, spricht doch Bände. Eine solche Windschutzscheibenperspektive wird sicher nicht dazu führen, dass es für Radfahrer zum Schluss sicherer wird."
Zwischen Bad Schandau und Königstein gebe nicht nur Radtouristen, die vielleicht mehr Zeit und Muße haben, um einen Umweg in Kauf zu nehmen. Auch Radsportler und Anwohner haben zum Beispiel ein Recht, die Straße zu gefahrlos benutzen. Daran würde auch der neue Radwegabschnitt an der Elbe nichts ändern. Eine Sperrung der Bundesstraße für den Radverkehr wird laut Krause einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten, da andere Möglichkeiten bestehen, etwa ein Überholverbot oder eine Drosselung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Die Verkehrsunfälle der Vergangenheit zeigen, dass auf der B 172 in der Sächsischen Schweiz völlig unabhängig vom Radverkehr Handlungsbedarf besteht.
Hintergrund: Die Zahl der Radfahrer auf dem Elberadweg nimmt von Jahr zu Jahr stetig zu. Besonders an den Sommerwochenenden sind sehr viele Ausflügler und Radtouristen unterwegs. Zwischen Mai und Oktober befahren den Radweg etwa 350.000 Radtouristen. Er ist damit in Sachsen der am stärksten befahrene Radweg und in der Region ein Wirtschaftsfaktor von wachsender Bedeutung. Deutschlandweit bringen Fahrradtouristen jedes Jahr etwa 10 Mrd. Euro Umsatz, Tendenz steigend.
Zwischen Königstein und Bad Schandau stieg das Radverkehrsaufkommen in den letzten Jahren an, auch begünstigt durch den kontinuierlichen Wegeausbau auf tschechischer Seite. Für viele Radfahrer ist die Nutzung der Bundesstraße an diesem Abschnitt die einzige ersichtliche Alternative zum kaum passierbaren Holperweg am Fluss, denn dass rechtselbisch ein Radweg verläuft, ist von der linken Flussseite her nicht erkennbar ausgeschildert. Ganz offensichtlich wissen die Zuständigen in Bad Schandau und Königstein noch nicht recht, wie sie vom wachsenden Strom der Elbradwegtouristen profitieren können.