Am 10. Januar 2023 fand im Bundeskanzleramt das „1. Spitzengespräch der Strategieplattform Transformation der Automobil- und Mobilitätswirtschaft“ statt. Mit der Erwartung an einen solchen Gipfel, dass hier auch über die Verkehrswende jenseits des privaten Automobils geredet werden würde, hätte man den Gipfel sicher überfordert. Schließlich waren Interessenvertreter der Fahrrad- und Bahnbranche nicht einmal eingeladen. Stattdessen beriet sich der Kanzler mit den Chefs der großen Autombilkonzerne VW, Mercedes-Benz und BMW über E-Autos und Ladesäulen.
Schon das Format eines lediglich umetikettierten Autogipfels zeigt deutlich, in welcher Sackgasse die Koalition auf Bundesebene aktuell steckt: Statt um Mobilität geht es um die Sicherung industriepolitischer Pfründe. Statt um die Anpassung an klar artikulierte Wünsche der Kommunen - etwa Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit - geht es darum, Veränderungen zu blockieren. Statt um die Verkehrswende wird allenfalls eine Antriebswende verhandelt.
Entsprechend deutlich ist auch die Kritik des ADFC und anderer Verkehrsverbände an Bundeskanzler Olaf Scholz. Denn lediglich die Elektromobilität stand am Dienstag im Kanzleramt im Mittelpunkt. Doch die Verkehrswende ist deutlich mehr, als eine Antriebswende. Regierungssprecher Steffen Hebestreit erklärte nach dem Gipfel, dass ein rascher Ausbau der E-Mobilität erforderlich wäre, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen - dabei sind die CO2-Emissionen pro zurückgelegter Strecke beim Fahrradfahren zehnmal niedriger als beim E-Auto. Zudem ist ein Großteil der mit dem Auto zurückgelegten Wege kürzer als 5 km und könnte in vielen Fällen einfach mit dem Fahrrad zurückgelegt werden. Doch in Deutschland gibt es nicht genügend Radwege und viele Menschen fürchten sich deshalb, das Rad öfter zu nehmen, wie der Fahrradklima-Test des ADFC zeigt.
Laut Umweltbundesamt war der Verkehrssektor 2019 für rund 20% der Treibhausgasemissionen Deutschlands verantwortlich. Damit wird das Sektorziel des Klimaschutzgesetzes zur Reduzierung der CO2-Emissionen nicht eingehalten. Der umetikettierte Autogipfel zeigt erneut, dass die Ampel-Koalition im Verkehrsbereich keine Ambitionen zu einer Verkehrswende hat. Auch die Klimaschutzziele scheinen im Verkehrssektor keine große Rolle zu spielen. Will man nicht? Kann man nicht? Weiß man nicht? Falls Letzteres der Fall sein sollte: Der ADFC steht bereit mit Lösungen für eine menschenfreundliche Verkehrswende mit dem Fahrrad im Mittelpunkt.