Am 31. März 2016 hat der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Sachsen e.V. (ADFC) vor der Landespressekonferenz den Grundsatzbeschluss des ADFC für den Radverkehr in Sachsen präsentiert.
Der ADFC fordert deutlich größere Anstrengungen beim Radwegebau an Bundes- und Staatsstraßen. Um zum Bundesdurchschnitt aufzuschließen, ist in den nächsten zehn Jahren der Neubau von 1000 km überörtlichen Radwegverbindungen im Freistaat erforderlich. Bundesweit verfügen 40% der Bundes- und 25% der Landstraßen über Radwege, in Sachsen liegen diese Werte derzeit bei lediglich 27,5% bzw. 10,8%. Bis zum Jahr 2025 plant der Freistaat, zusätzliche 538 km zu bauen.
„Am Geld und politischem Willen scheitert der Ausbau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen in Sachsen nicht. Woran es mangelt, sind Planungskapazitäten im Sächsischen Verkehrsministerium SMWA.“ sagt der Vorsitzende des ADFC Sachsen, Olaf Matthies.
Radverkehrspolitik wird vor allem vor Ort gemacht, in den sächsischen Städten und Gemeinden. Die Regierungskoalition hat erkannt, dass die Kommunen mehr Unterstützung brauchen und will die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte (AGFS) voranbringen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarte Gründung der Arbeitsgemeinschaft will der ADFC nun voranzubringen. Derartige Arbeitsgemeinschaften sind inzwischen in sieben Bundesländern eingerichtet worden, damit die Kommunen besser miteinander vernetzt sind. Matthies: „Bisher wird in den Städten viel Arbeitskraft dafür verwendet, bei der Förderung des Radverkehrs die gleichen Dinge nebeneinander her neu zu erfinden. Die Städte könnten sehr davon profitieren und schneller Erfolge beim Radverkehr erzielen, wenn sie in Austausch treten würden.“ sagte der ADFC-Vorsitzende am Donnerstag. Der ADFC steht bereits mit ersten Gemeinden in Kontakt, damit die Gründung bald vorangehen kann.
Einen weiteren Schwerpunkt sieht der ADFC in der Verknüpfung von Fahrrad und Nahverkehr. Bisher gibt es große Defizite beim Fahrradparken an Bahnhöfen. Diese will der ADFC nun durch ein Landesprogramm für Radstationen nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens beheben. Bis 2025 sollen an den wichtigsten Bahnhöfen in Sachsen vandalismus- und wettersichere sowie bewachte Fahrradparkhäuser entstehen.
Der ADFC fordert außerdem eine Aufstockung der Radverkehrsinvestitionen auf 20 Mio. Euro jährlich sowie eine Abteilung für Radverkehr im Sächsischen Verkehrsministerium. Derzeit werden im Freistaat lediglich etwa 1% der knapp über 900 Mio. Euro jährlich für Radverkehrsmaßnahmen investiert. Die von Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) gleich nach seinem Amtsantritt Ende 2014 öffentlichkeitswirksam geschaffene Stelle des Radverkehrsbeauftragten im SMWA ist seit Anfang Januar unbesetzt.
„Wir haben jetzt die Chance, in den nächsten zehn Jahren entscheidende Weichen für zukunftsfähige, saubere und kostengünstige Mobilität in Sachsen zu stellen. Es ist durchaus nicht unrealistisch, dass Sachsen zu einem Fahrradland wird“ sagt Olaf Matthies. „Dazu ist allerdings ein Umsteuern der verkehrspolitischen Prioritäten und die Einstellung von Verkehrsplanern notwendig, die auf Radverkehr versiert sind.“
Matthies' Vorstandskollege Rolf Leonhardt ergänzt: „Nach Studien des Bundesverkehrsminsteriums sind die Bundesländer dazu angehalten, bis zu 10 Euro pro Einwohner und Jahr in den Radverkehr zu investieren. Wir haben in Sachsen einen Investitionsstau aus der Vergangenheit und hängen hinter dem Bundesdurchschnitt hinterher. Hinzu kommt, dass wir zusätzlich ein Umsetzungsproblem haben. Die politischen Weichenstellungen der Großen Koalition für den Radverkehr kommen nicht an. Das Ministerium arbeitet mehr oder weniger noch wie zu Morloks Zeiten. Teilweise warten die Bürger seit mehr als 15 Jahren auf ihren Radweg zur Nachbargemeinde. Das ist nicht mehr vermittelbar. Für mehr Transparenz im Handeln des Ministeriums fordert der ADFC deshalb einen regelmäßig erscheinenden sächsischen Radverkehrsbericht.“