In vielen deutschen Städten zieht sich der Ausbau eines sicheren und durchgängigen Radwegenetzes immer weiter in die Länge. Komplizierte Planungsprozesse, begrenzte Planerressourcen und knappe Mittel bremsen den Radwegeausbau in vielen Orten. Gerade an stark befahrenen Straßen gefährdet dieses lange Warten die Sicherheit von Radfahrenden. Die Berliner Senatsverwaltung hat deshalb ein Handbuch mit rechtssicheren Musterlösungen für Pop-Up-Radwege veröffentlicht. Auch sächsische Städte können diese Schnellbau-Anleitung nutzen.
Eine schnelle Lösung gibt es selten: in den meisten Fällen müssen Radfahrende Jahre warten, bis – selbst an gefährlichen Abschnitten – Radwege gebaut werden oder veraltete Radinfrastruktur eine Frischzellenkur bekommt. Schuld sind die langen Planungszeiten, wie z.B. auf der Albertstraße in Dresden. Bereits 2010 startete der ADFC Dresden eine Petition, um diese Lücke im Radverkehrsnetz zu schließen. Nach jahrelangen Diskussionen wurden die Radfahrstreifen erst Ende 2020 fertiggestellt. Auch auf der Jahnallee in Leipzig sieht es ähnlich aus: 2018 unterschrieben fast 6.000 Leipzigerinnen und Leipziger eine Petition, die dort Radverkehrsanlagen fordert. Am 22. Mai kündigte die Stadtverwaltung Leipzig an, die erste Leipziger Pop-Up-Bikelane an der Jahnallee "zeitnah" zu errichten. Bis Ende Juni passierte allerdings nichts.
Mit provisorischen Lösungen "out of the box" könnte man lange Planungszeiten und bürokratischen Hürden oftmals abkürzen. Denn temporäre Radverkehrsanlagen haben den Vorteil, dass sie schnell errichtet werden und ebenso kurzfristig auch korrigiert werden können. Denn im Gegensatz zu permanenten Radverkehrsstreifen und –wegen, sind sie nicht endgültig festgelegt. So können sowohl Radfahrende als auch die Stadtverwaltung schnell einen Effekt beobachten, anstatt wie bisher viele Jahre Zeit in Planungsprozessen zu verbrauchen, ohne einen Meter Radweg auf die Straße gebracht zu haben. Wofür sonst mehrere Jahre benötigt werden, braucht es auf diese Weise nur wenige Tage.
Auch Pop-Up-Strukturen müssen natürlich rechtssicher sein. Dies zu klären kostet wieder Zeit und widerspricht dem eigentlichen Ziel einer schnellen, provisorischen Lösung. Die Berliner Senatsverwaltung hat deshalb einen Leitfaden mit Musterlösungen für provisorische Radverkehrsinfrastruktur veröffentlicht, um den Bezirken die Planung zu erleichtern. In Sachsen gibt es bisher nur einen temporären Radwegabschnitt in Leipzig auf der Jahnallee. Alle sächsischen Städte, insbesondere Chemnitz, Dresden und Leipzig, können den Berliner Leitfaden für eigene Popup-Infrastruktur nutzen.
Die Pop-Up-Radwege in Berlin Friedrichshain-Kreuzberg wurden beim diesjährigen Deutschen Fahrradpreis mit dem ersten Platz in der Kategorie „Infrastruktur“ ausgezeichnet. Die Bezirke errichteten 25 km neue, geschützte Radverkehrsanlagen. Einige von ihnen werden nun nach und nach verstetigt. Im Corona-Frühling 2020 hatte das Bezirksamt am Kottbusser Damm sämtliche Parkplätze beseitigt und beidseitig stattdessen Radspuren angelegt. Nun wird der Radweg neu asphaltiert und markiert. Mitte des Jahres will der Bezirk fertig sein, und zwar auf der gesamten Länge zwischen Hermannplatz und Kottbusser Tor.