Wenn weniger Autos die Straßen in den Innenstädten unterwegs sind, bedeutet das weniger Lärm und Abgase. Aber reduziert sich mit der Zahl der Autos auch die Anzahl an Kunden, die an Hauptstraßen einkaufen? Oft wird von Einzelhändlern, Wirtschaftsverbänden und bestimmten politischen Parteien behauptet, weniger Autoverkehr sei schädlich für die lokale Wirtschaft. Doch ist das wirklich so? Das Londoner Verkehrsunternehmen Transport of London (TfL) ließ das Kaufverhalten von Fußgängern und Radfahrern im Vergleich zu Autofahrern analysieren und kam zum Schluss: Fahrradfahrer sind die besseren Kunden.
In der Studie der University College London's Bartlett School of Planning wurde erkenntlich: Radfahrer und Fußgänger geben monatlich 40% mehr Geld in Nachbarschaftsläden aus als Autofahrer. Durchgeführt wurde die Studie in jenen Londoner Vierteln, die in den letzten 10 Jahren von Straßenausbesserungen bei Fahrrad- und Fußwegen profitieren konnten, durch Maßnahmen wie durchgängige Radwege, großzügige Fußgängerzonen mit Sitzmöglichkeiten und Fahrradabstellanlagen.
Die Auswertung zeigt: In fußgänger- und fahrradfreundlichen Straßen halten sich Menschen häufiger auf, mit einem Anstieg von 216% bei Aktivitäten wie Spazieren, Essen gehen oder dem Tätigen von Einkäufen.
Sind Hauptstraßen attraktiv für den Rad- und Fußverkehr, so steigt auch die Attraktivität von Nachbarschaftszentren. 45% von Londons Besuchern gaben an, Londons Hauptstraßen zu besuchen um sich mit Mitmenschen auszutauschen, ins Café zu gehen oder um Einzukaufen. Sie tun dies auch häufiger als Autofahrer: So wurden bei Autonutzern im Durchschnitt acht monatliche Besuche lokaler Ortszentren verzeichnet, bei Fahrradfahrern waren es zwölf. Fußgänger besuchen Hauptstraßen monatlich sogar doppelt so häufig wie Kraftfahrer. In Londons Vierteln führte dies laut dem TfL zu einem gesteigerten Umsatz von 30% im Einzelhandelsverkauf.
Die Ergebnisse der Studie von TfL sind keine besonders große Überraschung, sondern bestätigen bereits bekannte Effekte. Eines der wohl bekanntesten Projekte, wo der Einzelhandel von dem Umbau einer Autostraße in eine Begegnungszone für Fuß- und Radverkehr profitiert hat, ist die Mariahilfer Straße in Wien.
Auch das Modell der „Superblocks“ in Barcelona stärkt den Einzelhandel im Nahbereich und zeigt, dass kein Durchgangsverkehr erforderlich ist, um gute Geschäfte zu machen.
Viele Menschen steigen für einen stressfreien Einkauf vermehrt aufs Fahrrad um: Man ist flexibel und schnell unterwegs und muss nicht lange nach einem Parkplatz suchen. Geschäfte profitieren, denn Radfahrer sind treuere Kunden, kaufen in Wohnortnähe ein und fördern lokale Einzelhandelsstrukturen, so eine Studie des Europäischen Radfahrer-Verbands (ECF).
Auch die Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK) hat erkannt, dass neben dem Einkaufsklima für die Kundschaft vor allem die Erreichbarkeit der Geschäfte eine große Rolle spielt und hat daher gemeinsam mit dem ADFC ein Faltblatt herausgebracht, welches bei Einzelhändlern das Bewusstsein für den "Kunden Radfahrer" und die Chancen für radfreundliche Einzelhändler schaffen soll. Ein Gewinn für alle: Die Kunden können ihre Einkäufe stressfreier erledigen, der Anteil der Wege mit dem Auto geht zurück und gleichzeitig profitieren lokale Geschäfte.