In Sachsen gibt es bald (noch) weniger Schienenverkehr, geht es nach dem CDU-SPD-Entwurf des sächsischen Doppelthaushalts. Der Zweckverband Öffentlicher Personennahverkehr Vogtland (ZVV) reagiert darauf mit einem "neuen Fahrplankonzept". Ab 2016 sollen alle Regionalbahnleistungen zwischen Plauen und Hof eingestellt werden. Auch die bisher geplante Anbindung Plauens an das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz über Werdau nach Leipzig wird wegen Geldmangels aufgegeben.
Durch die Kürzungen fahren weniger Züge - das führt zu einer schlechteren Anbindung, manche Haltepunkte werden seltener oder überhaupt nicht mehr bedient. So werden die Haltepunkte in Schönberg(Vogtland), Reuth, Grobau, Pausa vom Schienenverkehr abgekoppelt. Dies ist nicht nur für Anwohner ärgerlich, sondern führt auch zu Einschränkungen für Radtouristen, gerade aus den Ballungsgebieten um Dresden und Leipzig. Für die Tourismusregion Vogtland zweifellos keine vorteilhafte Weiterentwicklung.
Die neuesten Streichungen führen eine Tendenz von Streckeneinstellungen in Sachsen fort:
- Dezember 2010: Einschränkungen auf der Zugstrecke Hoyerswerda-Horka (wegen Sanierung)
- Dezember 2010: Aus für die Zugstrecke Ebersbach-Rumburk
- Dezember 2012: Aus für die Zugstrecke Adorf-Zwotental, aus für Skizug Leipzig-Klingenthal
- Dezember 2013: Aus für die Zugstrecke Marienberg-Pockau-Lengenfeld
- Dezember 2014: Aus für die Zugstrecke Cranzahl-Vejprty
- April 2015: Aus für die Zugstrecke Görlitz-Zgorzelec
- Dezember 2015: Aus für die Zugstrecke Meißen-Döbeln
- Juni 2016: Auf der Strecke Dresden-Hof wird die Kapazität der Fahrradmitnahme um 50% reduziert
Für Menschen ohne Auto ist das Zugsterben bedrohlich. In keinem bekannten Fall führte das Ersatzangebot mit Bussen dazu, dass in gleichem Umfang Fahrräder, Kinderwagen und Rollstühlen befördert werden konnten. Die Qualität des Angebots verschlechtert sich also. Schließlich führen Einschränkungen im Öffentlichen Verkehr immer dazu, dass weniger Menschen freiwillig ihr Auto stehen lassen oder gar auf eines verzichten. Mittelbar steigt so wiederum der Bedarf an neuer Auto-Infrastruktur. Neue Kosten entstehen. Auch verschlechtert sich die Perspektive für den Radtourismus: Es liegt auf der Hand, dass die grüne Form des Tourismus erhebliche graue Spritzer abbekommt, wenn die Anreise nur mit dem Auto möglich ist.
Der ADFC Sachsen fordert deshalb von der Sächsischen Staatsregierung, ausreichend Mittel bereitzustellen um den Schienenverkehr mindestens in der bisherigen Qualität aufrecht zu erhalten. Die Sächsische Staatsregierung muss sich entscheiden: Will die Regierung weiter an der verkehrspolitischen Prämisse festhalten, den Freistaat vor allem für den Autoverkehr attraktiv zu machen, sollte sie konsequent und ehrlich auch alle noch bestehenden Nahverkehrsangebote schnellstens einstellen. Oder will sie den Sachsen ein gutes Bahnangebot bereitstellen? Dann sollte zielstrebig auf ein Eisenbahnangebot hingearbeitet werden, welches so attraktiv ist, dass so wenig wie möglich Menschen überhaupt ein eigenes Auto brauchen.
Für ein attraktives radtouristisches Angebot braucht Sachsen dringend ein dichtes Eisenbahnnetz. Denn wenn Radtouristen nur die Möglichkeit haben, mit dem Auto nach Sachsen zu kommen, müssen sie all ihre Touren so planen, dass sie am Auto beginnt und am Auto wieder endet. Das schränkt die Möglichkeiten unnötig stark ein. Wirklich attraktiv und interessant ist ein Land für Radtouristen natürlich erst dann, wenn sie im Radurlaub nicht nur Kreise fahren können. Das geht am besten dort, wo ein dichtes Eisenbahnnetz angeboten wird: In Sachsen verfügen derzeit mehrere touristische Radwege über keine Anbindung an das Ferneisenbahnnetz und der Nahverkehr wird, wie jetzt im Vogtland, weiter ausgedünnt.
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